Wir sind davon überzeugt, dass das Überleben der uns heute bekannten Mobilität davon abhängt, wie gut der Übergang hin zu nachhaltigen Antriebsformen gelingt und wie sehr sich das Automobil nahtlos in die digitale Welt integrieren kann.
Das Rückrad einer jeden Automobilentwicklung ist das Bordnetz. Damit werden schon in einer frühen Phase der Entwicklung die Weichen gestellt, welche Funktionen man abbilden kann, wie hoch die Systemkosten werden, welche Einschränkungen und Freiheitsgrade man hat, die Portierbarkeit auf unterschiedliche Fahrzeugplattformen uvm. Heutige Bordnetze sind Konstrukte, die mit ständig sich verändernden Anforderungen historisch gewachsen sind. Das hat dazu geführt, dass mit jeder Erweiterung und mit jeder neuen Fahrzeuggeneration die Komplexität enorm gestiegen ist. Das wiederum hat zur Folge, dass die Systeme schwer bis unmöglich zu beherrschen sind. Meist schlägt sich das in der Erhöhung der Entwicklungszyklen wider. In der Realität wird die verfügbare Zeit für die Entwicklung durch den enormen Druck des Marktes und des Wettbewerbs stark gekürzt. Das manifestiert sich durch unausgereifte Funktionen und schlechte Qualitätszahlen. Nicht unerwartet steigen die Rückrufaktionen der Automobilhersteller von Produktgeneration zu Produktgeneration. Es müssen neue Ansätze her, um die Systeme beherrschbar zu gestalten – trotz gestiegener Funktionsumfänge.
Wir sehen daher die Notwendigkeit, aktuelle Architekturen und eingesetzte Technologien zu hinterfragen. Durch dieses Projekt möchten wir aus einem völlig neuen Blickwinkel das ideale Bordnetz entwickeln – ohne technische und produktstrategische oder unternehmensstrategische Einschränkungen, wie sie in einem typischen Serienentwicklungsprojekt vorherrschen würden.
Wir wollen die Fahrzeugarchitektur neu zeichnen, ohne eine bestehendes Konzept als Basis heranzuziehen. Dabei ist es unser Ziel, zu ermitteln, inwieweit unser Konzept mit bereits verfügbarer Technologie umsetzbar ist bzw. mögliche Entwicklungspotentiale aufzuzeigen wären.
Abbildung: Typische Bord Netz Topologie heutiger Oberklasse Fahrzeuge (z.B. 43 Steuergeräte)
Abbildung: Gegenstand der Untersuchung Ziel Bord Netz Topologie mit 7 Steuergeräten
Zielsetzung und Prämissen:
- Kostenoptimierung E/E Architektur
- Steigerung der Bordnetzperformanz (Geschwindigkeit, Bandbreite, Echtzeit Fähigkeit, Fehlertoleranz, Erweiterbarkeit, Skalierbarkeit)
- Gewichtsreduzierung
- Erweiterung und Optimierung von Powermanagementfunktionen auf globaler Fahrzeugebene
- Vereinfachung der Integration von Fahrzeugen in eine digitale, öffentliche oder private Infrastruktur
- Modularität und Skalierbarkeit für eine flexible Architektur
- Flexible Task- und Funktions-Aufteilung auf unterschiedliche ECUs durch dynamische Ausführung und Sharing von Rechenkapazitäten zwischen unterschiedlichen ECUs
- Steigerung der EMV Robustheit
- Betrachtung ASIL Anforderungen und Konformität durch Vereinfachung von Systemarchitektur und Sicherheitskonzept
Vorteile gegenüber heutigen Bordnetzen:
- Fahrzeugklassenunabhängige Plattform
- Beliebige Skalierbarkeit
- Minimaler Konfigurationsaufwand, keine Vernetzungsmatrizen, plug and play ECUs
- Einfaches Management und Konfiguration von Featureangeboten durch eine SW als Produktstrategie und eine Abstraktion der Hardwareplattform
- Hohe Performance und Bandbreite
- Starke Reduzierung des Verkabelungsaufwands mit dem Ziel, Systemkosten zu senken und darüber hinaus eine erhebliche Gewichtsreduzierung zu erzielen
- ECU-unabhängige SW-Funktionsverortung
- Möglichkeit zur Verwendung starker Verschlüsselungsverfahren
- Bessere Koordination und Interoperabilität von Funktionsdomains (Vermeidung von Kollision verschiedener Funktionen auf globaler Fahrzeugebene)